Barbara Dennerlein (Text: Bert Noglik)

Verblüffend und faszinierend, mit welcher Eleganz sie das Instrument zum Singen und zum Swingen bringt. Mit so viel Energie und so viel Können und zugleich mit einer Leichtigkeit, die im Prozess des Spiels jegliche Anstrengung vergessen lässt. Barbara Dennerlein ist es gelungen, die große Tradition der Hammond-Orgel im Jazz auf eine unverwechselbare Weise fortzusetzen. Sie hat zur Renaissance eines Instrumentes beigetragen, das aufgrund seines Klangcharakters raumgreifend, durchdringend und herausfordernd ist. Ein Instrument, das auf unendlich vielfältige Weise gespielt werden kann, auch weil es sich wie kaum ein anderes Tasteninstrument  individuell modifizieren lässt. Barbara Dennerlein hat einen eigenen Weg gefunden,  jenseits übermächtiger  Rollenmodelle wie Jimmy Smith oder Larry Young. Sie hat alles aufgesogen und schließlich ihren Klang entwickelt, den Dennerlein-Sound.

 

Wenn man sie beim Spielen beobachtet, erlebt man, wie sie eins wird mit dem Instrument. Sie kämpft nicht mit dem Biest, wie man die Hammond genannt hat. Sie fährt mit ihr ab, groovt, bremst gefühlvoll und gibt Gas, hebt ab. "Take Off", wie sie eine ihrer Platten genannt hat. Was viele vor ihr vernachlässigt haben, wird dabei für ihre Musik essentiell: das Spiel mit den Pedalen. Sie hat den Bass in die Füße verlagert, was ihr die Freiheit gibt, ihre Linke für komplexe Soundgestaltungen einzusetzen. Der Fußbass, so hat sie es selbst beschrieben, bildet zusammen mit dem Spiel auf den beiden Manualen ein "rhythmisches Triptychon". Das setzt Unabhängigkeit der Gliedmaßen und zugleich deren Koordination voraus, die Barbara Dennerlein so souverän beherrscht, dass nicht die Technik, sondern der Spielfluss im Vordergrund steht.

Barbara Dennerlein - das ist Weltklasse auf der Hammond-Orgel. Sie ist auf vielen internationalen Festivals umjubelt worden, in den USA, in Kanada, in Europa. Dabei hat sie sich nicht rar gemacht. Noch immer spielt sie gern und mit großer Hingabe in Klubs, weil sie weiß, dass sie dort ihr treues Publikum antrifft und weil ihre Musik in der Tuchfühlung mit diesem besonders gedeiht. Barbara Dennerlein lebt Jazz. Sie liebt die Freiheit und die Unabhängigkeit. Deshalb führt sie bis zum heutigen Tag ihre Geschäft selbst, ist sie ihre eigene Managerin und Agentin, verschickt sie selbst ihren Newsletter, antwortet sie eigenhändig ihren Fans. Schon als Zwanzigjährige rief sie ihr eigenes Label "Bebab Records" ins Leben. Bebab ist eine Wortschöpfung aus Bebop und Barbara, zugleich eine lautmalerische Beschreibung ihrer Musik, die sich nicht auf einen Stil festlegen lässt. Sie integriert unterschiedliche Einflüsse und findet zu eigenem Ausdruck. Der Bebop eines Charlie Parker, eines der frühen Idole von Barbara Dennerlein, spielt ebenso hinein wie Swing, Blues, Soul, Latin und Funk, hier und da auch etwas von den Raffinessen der europäischen Musiktradition. Und alles fließt.

 

Was für jeden Jazzmusiker, jede Jazzmusikerin zum Prüfstein der Eigenständigkeit wird, gelingt Barbara Dennerlein auf vielfältige Weise: die Individualisierung des Klanges. Der Fußbass trägt ebenso bei wie die Erweiterung des klassischen Hammond B-3-Sounds durch integrierte MIDI-Technik, mit der Synthesizer und Sampler einbezogen werden können. Barbara Dennerlein, die sich selbst als "Soundfreak" bezeichnet, kann auf diese Weise äußert variabel und differenziert gestalten, ohne auf den warmen und robusten Klang der klassischen Hammond verzichten zu müssen. Spieltechnik und Klang bilden eine Einheit mit den Kompositionen der Organistin, deren Repertoire überwiegend aus eigenen Stücken besteht, Originals, wie es im Englischen so treffend heißt.

 

Barbaras Verhältnis mit der Orgel war Liebe auf den ersten Klang. Mit elf bekam sie zu Weihnachten eine Heimorgel geschenkt. Wenig später drängte sie ihre Eltern, ihr eine richtige Orgel, eine Hammond B-3 zu kaufen. Schon mit Dreizehn hatte sie ihren ersten Auftritt, und bereits ab Fünfzehn spielte sie regelmäßig in Klubs. Was dann folgte, ist eine nicht enden wollende Erfolgsstory. Dem frühen Ruf als "Orgeltornado aus München" folgten staunende Berichte wie der in "Harper's Bazaar" mit der Überschrift "How did this fraulein got so funky?". Rund drei Dutzend Platten, neben denen für Bebap Records auch einige für das Top-Label "Verve", Preise, Auszeichnungen, Festival- und Fernsehauftritte, gemeinsame Aufnahmen mit Hochkarätern wie Randy Brecker, Ray Anderson und Roy Hargrove, Begegnungen bzw. Konzerte mit Jimmy Smith, Joe Zawinul und Rhoda Scott  sowie eine auch auf der Bühne demonstrierte Freundschaft mit dem genialen Enfant terrible der Klassik, dem Pianisten Friedrich Gulda. Der gab einer gemeinsamen mit ihr realisierten CD- und DVD- Produktion den Titel "I love Mozart and I love Barbara".   

 

Seit Barbara Dennerlein 1994 bei den Bach-Tagen in Würzburg erstmals an der Kirchenorgel konzertierte, hat sich neben ihrem Spiel auf der Hammond- auch auf der Pfeifen-Orgel profiliert. Mittlerweile gibt sie viele ihrer Konzerte in Kirchen, Philharmonien und Konzerthallen, wobei sie einen ganz eigenen Zugang zur Königin der Instrumente gefunden hat, nachzuhören auch auf einer Serie von Alben mit dem Titel "Spiritual Movement". Überdies arbeitet die Organistin mit Big Bands und Sinfonieorchestern zusammen, erweitert sie das Spektrum ihrer Kreativität durch Projekte wie  "Hammond meets Orchestra".

Wenn Barbara Dennerlein in die Pfingstbergschule kommt, hat sie natürlich den Blues mit im Gepäck. Wie stark sie über Jahre immer wieder auch mit dem Blues verbunden war, ist auf ihrer neuesten CD nachzuhören. Die Compilation "Best of Blues - Through the Years" vereint Aufnahmen, die zwischen 1985 und 2014 entstanden sind. Dazu schreibt Barbara Dennerlein: "Blues ist unglaublich vielfältig und kann auf so viele verschiedene Weisen gespielt werden. Das Bluesfeeling ist in jedem Moment spürbar in meiner Musik, eine Quelle der Inspiration und Ausdruck der tiefsten Gefühle."

Barbara Dennerlein wird in Mannheim solo abheben und im zweiten Set dann gemeinsam mit Erwin Ditzner am Schlagzeug sowie dem Gitarristen Jörg Teichert. Beide zählen zu den in den Pfingstbergschule bestens Bekannten und gern Gehörten, sowohl durch mehrfache Auftritte mit ihren eigenen Formation als auch im Duo "Red & Grey".

Bert Noglik

 



Bilder: Barbara Dennerlein Website